Die niederländische Delphy gilt als Top-Beratung für Produzenten von Blumen, Gemüse und Früchten. Zugleich ist das Unternehmen in der Forschung tätig, zurzeit werden Fragen wie die Gestaltung vertikaler Gärten, neue Anwendungen von datengeleiteten Qualitätsmanagementsystemen oder die Eiweißqualitäten neuer Getreidearten untersucht. Delphy entstand aus der Privatisierung der staatlichen Landwirtschaftsförderung für niederländische Betriebe in den 1980er Jahren und weist heute Landwirten in ganz Europa und darüber hinaus den Weg. Ziel ist die Verbesserung der nachhaltigen Produktion von Blumen oder Nahrungspflanzen.

Vor zwölf Jahren brach Delphy auf, um am Zukunftsmarkt Afrika Fuß zu fassen. Inzwischen bestehen kleine Teams in mehreren Ländern Subsahara-Afrikas. Teils beraten sie Einzelkunden – wie in Südafrika, wo Großbetriebe Expertise benötigen. Teils setzen sie markterschließende Pilotprojekte um, soweit möglich mit Finanzierung von privaten oder öffentlichen Gebern. „Solche Projekte helfen uns, in neue Umfelder Einblick zu gewinnen, unsere Mitarbeiter zu schulen und neue Forschungsfragen zu formulieren. Schließlich hoffen wir, dass die aufstrebenden Landwirte zu guten Lebensmittelproduzenten werden und auch ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sich Investitionen in Beratung auszahlen, um sich weiter zu verbessern“, betont die Forst- und Landwirtschaftsexpertin Bertken Leede vom Delphy Afrika-Team.

Mit der ADA in Kenia

Im Frühjahr 2020 initiierte Delphy ein dreijähriges Projekt in Westkenia, das von der Austrian Development Agency ADA über eine Wirtschaftspartnerschaft kofinanziert wird. ADA-Programmmanager Gottfried Traxler begründet die Förderung so: „Die Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft ist für Kenia ein prioritäres Ziel innerhalb seiner Vision 2030. Mit seinem erprobten Know-how wird Delphy kleinere Landwirte genau dabei unterstützen.“ 

Im Projekt kommt Manor House Agricultural Centre als Partner – und hoffentlich künftigem Kunden – eine Schlüsselrolle zu. Das Forschungs- und Trainingscenter liegt in Kitale, der Hauptstadt eines landwirtschaftlich ausgerichteten, ärmeren Bezirks im äußersten Westen Kenias. Es war vor fast 40 Jahren von Kenianern errichtet worden, um Bauern in moderne landwirtschaftliche Methoden einzuführen. Dabei setzte Manor House von Anfang an auf ökologische Landwirtschaft. „Heute mag das selbstverständlich sein, Manor House hat aber auch in Zeiten, in denen dies nicht gefragt war, stets ökologisch gearbeitet“, lobt Projektmanagerin Leede die Einrichtung. Für seine Trainings- und Forschungstätigkeit verfügt Manor House über 18 Hektar landwirtschaftliche Fläche und gut ausgerüstete Schulungsräume.

Die Challenge

Was muss sich ändern, damit die Landwirtschaft in der Region produktiver wird? „Vieles“, sagt Leede. Würde man die Bauern selbst fragen, so die Expertin, würden sie zu Recht sagen, der Klimawandel sei ein Problem, denn der Regen sei nicht mehr so vorhersehbar wie früher. Sie würden auch sagen, dass sie günstigen Zugang zu Finanzierung bräuchten, um landwirtschaftliche Mittel zu kaufen. Sie würden außerdem auf fehlende Arbeitskräfte hinweisen, und das ebenfalls zu Recht, denn die jungen Leute wollen sich die mühevolle Arbeit ihrer Eltern nicht mehr antun. „Sie würden aber niemals zugeben“, so Leede, „dass traditionelle Denkmuster ein Hindernis sind.“ So könne man ihnen hundertmal vorrechnen, dass sie einen höheren Gewinn erzielen würden, wenn sie Qualitätssamen kauften – lieber recyceln sie ihr Saatgut wie gewohnt oder kaufen es billig ein, auch wenn die Ernte dadurch jährlich magerer wird. Dazu kommt das Problem der Fragmentierung der Agrarflächen durch die fortgesetzte Verteilung des Bodens auf die Erben. Das macht es schwer, Geräte sinnvoll einzusetzen, sagt Leede. Da die Landwirte zudem fast ausschließlich das Grundnahrungsmittel Mais anbauen und keine gute Fruchtfolge einhalten, werden die Böden ausgelaugt und können sich Schädlinge und Krankheiten leichter ausbreiten.

Verbesserungen sichtbar machen

Delphy-Projektmanagerin Bertken Leede bei einer Projektvisite in Westkenia.
Die Demonstrationsfelder werden beschriftet.

Diese Negativspirale will Manor House mit Delphys Hilfe durchbrechen. Bereits im Vorjahr ging das Zentrum zunächst einmal in der Fortbildung neue Wege, indem es unter dem Motto Visualisierung zwei Maisfelder anlegte: eines auf konventionelle, das andere auf neue Art, nämlich nur oberflächlich gepflügt, organisch gedüngt, mit Bohnen dazugemischt. Beide Felder wurden gekennzeichnet, und Bauern, die zu Kursen ins Manor House kamen, konnten sich wiederholt vom unterschiedlichen Gedeihen überzeugen. Um den Aha-Effekt hinauszutragen, wird Manor House in diesem Frühjahr an die zwanzig so genannte Leitbauern ernennen, die bereit sind, selbst Demonstrationsfelder anzulegen und vorzuführen. 

Der neue, von Delphy gewiesene Weg zur Bearbeitung der Felder zahlt sich offensichtlich aus.

In der Eröffnung des Zugangs zu Krediten liegt die zweite Aufgabe. Der Konkurs eines kooperationsbereiten Mikrofinanzinstituts bedeutete hier einen Rückschlag. Inzwischen hilft Manor House den Bauern, sich in Gruppen zu formieren, um für einen anderen lokalen Mikrofinanzanbieter kreditwürdig zu werden. Schließlich läuft die Suche nach einem digitalen Hilfsmittel in Form einer App. Diese ist fast unverzichtbar, damit die Bauern ihre Arbeit dokumentieren, ihre Gewinne kalkulieren oder mit den Experten von Manor House rasch in Kontakt treten können, wenn Probleme auftauchen. 

Offene Frage

Für seine eigene Entwicklung und die der Region würde Manor House gerne langfristig auf die Services von Delphy zurückgreifen. Nur wie dafür bezahlen? Projektleiterin Leede sieht eine Einkommenschance für den Partner darin, dass er bei der Vermarktung der Ernten der Nachbarhöfe eine starke Rolle übernimmt, was vor allem dann sinnvoll wäre, wenn sich die Bauern an den Gemüseanbau heranwagten. „In Kitale und der nahe gelegenen Großstadt Eldoret könnte es für Gemüsekisten eine Nachfrage geben“, denkt Leede. Auch könnte Manor House von den Bauern, die es berät, jährliche Beiträge kassieren. „Das wäre allerdings ein Kulturbruch“, fürchtet Leede, denn die Bauern seien an Gratisberatung gewöhnt. An der Lösung dieser Frage wird noch gearbeitet. 


Das Unternehmen

Agro Experte 

Delphy ist ein führendes Forschungs-, Beratungs- und Trainingsunternehmen für die nachhaltige Blumen- und Nahrungspflanzenproduktion. Das Unternehmen mit Sitz in Wageningen, Niederlande, zählt mehr als 250 Mitarbeiter und hat Standbeine in Asien und Afrika. Die Übernahme durch die kanadische AgriForce im Februar 2022 wird die Internationalisierung weiter vorantreiben. 

Fotos: Delphy

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Finden Sie hier Berichte über frühere Wirtschaftspartnerschaften der Austrian Development Agency mit verschiedenen Partnern:

250 Sofas und mehr: Über die Stärkung eines Lieferanten im Kosovo durch den Objekteinrichter Foness (corporAID Magazin Ausgabe 94, Winter 2021/22)

Rückholung des Waldes: Über ein Aufforstungsprojekt im Kosovo durch den Zellulosefaserkonzern Lenzing (corporAID Magazin Ausgabe 92, Herbst 2021)

Weide statt Kohle: Über dem Ausbau des Biomassemarkts in Serbien durch ein internationales Konsortium unter der Führung von E3 International (corporAID Magazin Ausgabe 91, Sommer 2021)

Fenster für Innovationen über die Unterstützung des Sozialunternehmerförderers Ashoka Austria beim Transfer erfolgreicher Tools nach Ostafrika (corporAID Magazin Ausgabe 90, Frühjahr 2021)

Hören können! über die Einrichtungen eines breiten Angebots im Bereich Hörgesundheitin Bangladesch und der Elfenbeinküste durch den Hörimplantatehersteller MED-EL (corporAID Magazin Ausgabe 89, Winter 2020)

Hygiene am Bauernhof über Marktvorbereitungen der Firma Calvatis in Brasilien (corporAID Magazin Ausgabe 88, Herbst 2020)

App hilft beim Thema Nr. 1 über eine Covid-19-Beratung für Ärzte und Pfleger in Entwicklungsländern durch MedShr (corporAID Magazin Ausgabe 87, Sommer 2020)

Nutzen statt Verbrennen über das Lobbying für Fackelgas statt importiertem Diesel im Verkehr in Nigeria durch ETEFA (corporAID Magazin Ausgabe 86, Frühjahr 2020)

Fachkräfteschmiede über den Aufbau einer Ausbildungsstätte für technische Berufe im Kosovo durch Hysni Ymeri (corporAID Magazin Ausgabe 85, Anfang 2020)

Cashew-Business über den Aufbau einer lokalen Verarbeitung von Öko-Nüssen in Tansania durch Umweltberater Paul Schreilechner