Die Sojabohne wird in Europa vor allem als hochwertige Eiweißquelle geschätzt. Soja ist heute ein wesentlicher Bestandteil von Tierfutter und gewinnt auch in der Lebensmittelherstellung an Bedeutung. Dabei hat der Sojaanbau in Europa keine Tradition, der Bedarf wird zu 95 Prozent durch Importe gedeckt, jährlich werden an die 40 Mio. Tonnen von teilweise bereits geschrotetem Soja aus Übersee bezogen. Allerdings ist ein Wandel im Gang, nicht zuletzt wegen des sogenannten Eiweißplans, mit dem die EU die Produktion proteinhaltiger Pflanzen erhöhen möchte. Zum steigenden Interesse an selbstangebautem Soja trägt bei, dass den Bohnen aus Drittländern meist genetisch verändertes Saatgut zugrunde liegt, was in Europa auf wachsende Ablehnung stößt. Hauptbezugsländer sind Brasilien, Argentinien und die USA.

Der Anbau gentechnikfreier Sojabohnen in Europa wird bereits gefördert, Donau Soja in Wien zählt zu den wichtigsten Initiativen. Der gemeinnützige Verein ist seit seiner Gründung 2012 mit der Marke Donau Soja von Mitteleuropa bis zum Schwarzen Meer und seit 2016 mit der Marke Europe Soya in Gesamteuropa tätig. Dass Österreich 2018 knapp 200.000 Tonnen Sojabohnen erntete und damit – nach Italien, Frankreich, Rumänien und Kroatien – fünftgrößter Sojaproduzent der EU ist, verdankt sich unter anderem dieser Initiative.

Die Top-Produzenten Europas sind die Ukraine und Russland, die knapp zwei Drittel der europäischen Sojaproduktion von 8,7 Mio. Tonnen bereitstellen. Nach Donau Soja-Berechnungen könnte diese Menge bis 2020 auf knapp 11 Mio. Tonnen, bis 2025 um mindestens weitere 3 Mio. Tonnen erhöht werden – ohne neue Agrarflächen. „Dazu müssten brachliegende Felder genützt, Soja in die Fruchtfolge eingeplant und der Flächenertrag erhöht werden. Mit Know-how und unter günstigen Bedingungen lässt sich dieser auf bis zu 3 Tonnen pro Hektar steigern“, erklärt Donau Soja-Generalsekretärin Ursula Bittner.

ADA-Förderung

Exkursion moldawischer Betriebe zu rumänischen Soja-Bauern.
Exkursion moldawischer Betriebe zu rumänischen Soja-Bauern.

Das größte Potenzial für den Sojaanbau bieten auch in Zukunft Südost- und Osteuropa, weshalb Donau Soja hier seit Jahren Beratungsstrukturen aufbaut, mit wiederholter Unterstützung der Austrian Development Agency ADA, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. In der aktuellen Kooperation sollen bis Ende 2021 Soja-Wertschöpfungsketten in Serbien, Bosnien-Herzegowina, Moldau und der Ukraine errichtet werden. „Die Herstellung hochwertiger Sojaprodukte und der Zugang zum europäischen Agrarmarkt soll strukturell schwachen Regionen im EU-Umfeld langfristige Einkommensmöglichkeiten bieten“, begründet Gunter Schall, Leiter des Referats Wirtschaft und Entwicklung der ADA, die Förderung.

„Wir bieten Betrieben umfassende Schulungen zu Anbau und Verarbeitung von Soja sowie Beratung zum EU- und dem noch höheren Donau Soja-Standard an“, sagt Bittner über das Programm. Dabei versucht Donau Soja, sogenannte Proteinpartnerschaften aufzustellen, wodurch Großabnehmer wie Rewe Deutschland ihren Bedarf an zertifiziertem Soja sichern, während die Landwirte beim Anbau unterstützt und, ebenso wie die Sammelzentren, bei Bedarf gratis zertifiziert werden.

Insgesamt sollen 1.200 landwirtschaftliche Betriebe, dazu Sammelzentren und Händler, Erstverarbeiter (Ölmühlen und Toaster), aber auch Futter- und Nahrungsmittelhersteller von den Schulungen, Unterlagen, Foren und Messen sowie den neu entstehenden Zertifizierungsstrukturen profitieren. Zu sämtlichen Veranstaltungen sind Bauernverbände, Landwirtschaftskammern und Forschungseinrichtungen ebenfalls eingeladen. „Letztlich wollen wir die Player entlang der Wertschöpfungskette zusammenführen, damit Kooperationen entstehen und Herausforderungen gemeinsam adressiert werden“, erklärt Bittner. Daneben setzen sich Donau Soja-Experten für die Verbesserung der Rahmenbedingungen wie etwa die Angleichung der Gesetze in den Ländern an EU-Recht ein.

Den teilnehmenden Betrieben steht es frei, ihre Produkte nach dem Donau Soja-Standard zertifizieren zu lassen. Donau Soja möchte bis 2021 in den vier Ländern bis zu 150.000 Tonnen Soja labeln und mit den Gebühren die laufenden Kosten decken. Eine externe Zertifizierung für Landwirte ist dabei nur in den Risikoländern Ukraine und Moldau erforderlich, ansonsten ist eine Selbstevaluierung, die stichprobenartig kontrolliert wird, ausreichend.

Marketing

Die Erhöhung des Soja-Absatzes in den Produktionsländern und in der EU ist ein wesentlicher Teil der Kooperation mit der ADA. Dabei ist qualitativ hochwertiges Soja aus Europa laut Bittner bereits für alle Tierarten verfügbar, ein Thema bleibt der Preis. Bittner ist überzeugt, dass sich diese Frage zum Teil mit einer eigenständigen Preisnotierung von europäischem Soja lösen wird. Ein positiver Effekt ist weiters von einer höheren Soja-Produktion zu erwarten, außerdem kann die Verwertung des Sojaöls finanziellen Spielraum schaffen. Nicht zuletzt könnte der europäische Eiweißplan Förderungen bringen.

Inzwischen wird Donau Soja zumeist aus Nachhaltigkeitsüberlegungen heraus gekauft. So werden in Österreich bereits 80 Prozent der Legehennen mit Donau Soja gefüttert. Auch in der Schweinemast gibt es feste Abnehmer wie die VLV Gustino Stroh-Betriebe in Oberösterreich. Aquakulturbetreiber, Haustierfutter- und Lebensmittelhersteller will Bittner als nächste Kundengruppe ansprechen.

Daneben setzt Donau Soja auf Kommunikation mit den Verbrauchern und fährt auch in den vier osteuropäischen Ländern Kampagnen, um über die ökologischen Vorteile von lokalem, organischem und wenn möglich Donau Soja-zertifiziertem Soja zu informieren. Denn letztlich sind es die Konsumenten, die zum Donau Soja-Produkt greifen sollen.


DIE INITIATIVE

Für gentechnikfreies Eiweiß

Donau Soja wurde Anfang 2012 als gemeinnütziger Verein gegründet, um gentechnikfreies, herkunftsgesichertes Qualitätssoja aus der Donauregion als Marke zu etablieren sowie den Anbau und den Absatz zu fördern. Der Verein zählt heute bereits mehr als 260 Mitglieder aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft aus 20 europäischen Ländern. Unternehmen der gesamten Soja-Wertschöpfungskette – von der Saatgutherstellung bis zum Tierfutter- und Lebensmittelhandel – tragen die Vereinsidee mit, allen voran Hofer, Spar und Rewe als Gründungsmitglieder. Durch die Unterzeichnung der Donau Soja Erklärung – zur Förderung des Sojaanbaus im Donauraum und damit zur eigenständigen europäischen Eiweißversorgung – durch bereits neunzehn Regierungen erhält das Projekt auch breiten politischen Rückhalt. Vereinsobmann ist Matthias Krön, Miteigentümer der auf Sojaprodukte spezialisierten Mona-Gruppe im Burgenland. Das Systemgeschäft – Zertifizierungen, Beratung und Fortbildung der Partner, Forschungsaktivitäten, Förderung von Rahmenbedingungen – wird durch die Donau Soja GmbH mit Büros in Deutschland, Ungarn, Niederlande, Moldawien, Polen, Rumänien, Serbien und in der Ukraine abgewickelt und über Lizenzen sowie Partnerschaften finanziert.

Fotos: Donau Soja