Die Baobab-Ernte ist für heuer abgeschlossen“, sagte Martin Späth Ende Juli und zeigte sich tatendurstig: „Es sollte jetzt eigentlich regnen, dann könnten wir anpflanzen. Doch der Klimawandel hat auch uns erreicht, und der Regen verspätet sich.“ Späth ist ein an der ETH Zürich ausgebildeter Lebensmittelingenieur, der seinen Wohnort und damit das operative Zentrum seines Biorohstoffhandels Biomega vor fünf Jahren in den Senegal verlegt hat. Seither kann er seinen Hauptlieferanten, die in Kaolack ansässige Firma Baonane Sarl, nicht nur beraten, sondern auch kräftig unterstützen: beim Einkauf, Anbau und bei der Verarbeitung agrarischer Rohstoffe. Dank seiner Initiative sind Baonane-Produkte heute etwa meist Fairtrade-zertifiziert und als „bio“ ausgewiesen. 

Der Hauptfokus der Arbeitsgemeinschaft Biomega/Baonane lag lange auf der pulvrigen Frucht des auch als Affenbrotbaum bekannten Baobab. „Wir gehören zu den ganz großen Herstellern von Baobab-Pulpe“, sagt Späth, „wobei der Weltmarkt klein ist und wohl nicht mehr als 500 Tonnen ausmacht.“ Um Baobab und anderen Naturrohstoffen aus Afrika zum Durchbruch zu verhelfen, wären wissenschaftliche Untersuchungen zu deren physiologischer Wirkung vonnöten, sagt Späth. Wegen der geringen Marktvolumina, die die Produkte aktuell erreichen, fehlt es aber bisher zur Finanzierung von Studien leider am Interesse von Investoren.

Die Nachfrage nach Baobab sei tendenziell steigend, der konkrete Bedarf mangels Abnahmeverträgen aber schwer kalkulierbar. Späth: „Die Firmen ordern dann, wenn sie brauchen. Daher stellt sich für uns jedes Jahr die Frage: Wollen wir den Mut haben und mehr produzieren? Und dann haben wir jedes Jahr zu wenig.“ 

Breiteres Portfolio

Seit einigen Jahren handelt Späth auch mit Baobab-Öl. Rückblickend spricht er von einer „leidigen Geschichte mit großen Ups and Downs“ und erklärt: „Es war vor allem langwierig und kostspielig, bis wir abgeklärt hatten, dass das Produkt europäischen und amerikanischen Standards genügt.“ Mittlerweile haben einige Naturkosmetikfirmen das Öl entdeckt. Späth könnte aber noch viel mehr produzieren lassen, als der Markt ihm derzeit abkauft.

Vor zwei Jahren entschied er, in der weltweiten Naturheil- und Kosmetikbranche mit weiteren Ölspezialitäten aus dem Senegal mitzumischen. Dabei war ihm klar, dass er nur mit nicht völlig unbekannter Ware Absatzchancen hatte. Erste Versuche startete er mit den Samen der wildwachsenden Wüstendattel und des Neem-Baumes. Daneben experimentierte er mit den Samen des Hibiskus und Moringa, beides Sträucher, die angebaut werden können. Auch die Pressung von Sesamsamen ist für ihn eine Option. 

Ölreiche Samen im Senegal (v.l.n.r.): Wüstendattel, Neem, Hibiskus, Moringa

Die finanzielle Hürde für das Vorhaben war genommen, als die die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, die Austrian Development Agency ADA, Unterstützung in Form einer Wirtschaftspartnerschaft zusagte – eine solche hatte es Späth vor fünf Jahren auch ermöglicht, den Baobab-Markt aufzubereiten. ADA-Programmmanager Lukas Hecke begründet die Förderung vor allem mit der Eröffnung neuer Einkommenschancen durch die Kommerzialisierung kaum genutzter Rohstoffe in einer armen Region. 

Ans Werk

Ama Mbaye, Geschäftsführerin von Baonane, an der Ölpresse

Im Rahmen der Kooperation will Späth noch in diesem Sommer Ölproben herstellen und ihre Eigenschaften testen. „Es geht vorerst um Qualität, nicht um Quantität“, erklärt er. Bei der Aufbringung der Samen unterstützt ihn Baonane, bei den Untersuchungen steht ihm eine Lebensmitteltechnologin zur Seite. Schon bei der nächsten internationalen Lebensmittelmesse, der Biofach in Nürnberg im Februar 2020, will der Lebensmittelfachmann Muster präsentieren und Präferenzen sondieren. Danach kann die Produktion so richtig losgehen. Ende 2020 sollten, wenn alles funktioniert, die ersten 15 Tonnen Öl bereits verkauft sein.

Biomega-Gründer Martin Späth auf der Foodex-Messe in Tokio
Biomega-Gründer Martin Späth auf der Foodex-Messe in Tokio

Die Samenbeschaffung stellt dabei keinen geringen Aufwand dar. Baonane wird voraussichtlich mit gut 50 Wildsammler- und 25 Anbaugruppen in der Region zusammenarbeiten. Der Erfolg der Sammler hängt dabei auch davon ab, dass sie gesetzmäßig vorgehen und mit den Gemeinden, in denen sie Wildfrüchte ernten wollen, ins Einvernehmen kommen. „Unproblematisch bei Wildsammlungen ist dafür die Biozertifizierung“, sagt Späth. 

Anders sieht es bei der Anpflanzung von Ölsamen liefernden Pflanzen aus. Späth will den interessierten Bauern, die teilweise schon heute an Baonane liefern, mit Unterstützung einer Universität oder Landwirtschaftsschule in eigenen Kursen fundierte Kenntnisse zum biologischen Anbau vermitteln. „Denn der Erfolg des Projekts hängt auch davon ab, ob es gelingt, die Bauern zu überzeugen, neben umweltschonender Unkraut- und Schädlingsbekämpfung beispielsweise auch Fruchtfolgen einzuführen oder Biodünger zu nutzen“, sagt er. Letztlich muss aber die biologische Landwirtschaft im Senegal an sich gestärkt werden, ist Späth überzeugt. Er will dazu mit Landwirten und Unternehmen einen eigenen Verband mit einem Kompetenzzentrum gründen. 

Mittlerweile hat der Regen eingesetzt und Späth konnte auf neu dazugepachteten Flächen mit der Moringapflanzung beginnen. Durch eigenen Anbau kann er Erfahrungen sammeln und ist bei der Ölproduktion dann auch nicht völlig auf externe Lieferanten angewiesen. 


DAS UNTERNEHMEN

Hersteller von Spitzensaatgut

Biomega e.U. wurde 2004 von Martin A. Späth als Handelsbetrieb für biologisch angebaute pflanzliche Rohstoffe gegründet. Adressiert wird die Lebensmittel- und Kosmetikbranche vor allem in Europa. Das Einzelunternehmen hat seinen Sitz im steirischen Tragöß, das Lager in Salzburg, Hauptbezugsquelle ist Baonane Sarl in Kaolack, Senegal. Unter Aufsicht der Austria Bio-Garantie importiert Späth heute vor allem Baobabpulpe und -öl nach Österreich.

Fotos: Biomega