Kommentar

Mehr als Transparenz

Melanie Pölzinger, corporAID

Ausgabe 85 – Jänner | Februar 2020

Melanie Pölzinger, corporAID Team
Melanie Pölzinger, corporAID

Das Standardwerk der Global Reporting Initiative GRI ist seit Anfang Dezember um einen Aspekt reicher: Der Tax Transparency Standard soll multinationale Unternehmen künftig dazu anhalten offen zu legen, in welchem Land sie wie viel an Steuern zahlen. Steuervermeidung ist ein globales Problem, Schätzungen gehen von 500 bis 600 Mrd. Dollar aus, die Staaten weltweit pro Jahr durch die Lappen gehen. Nur: Solange sich selbst die EU-Staaten in einem Steuerwettbewerb befinden, in dem von Irland über die Niederlande bis Zypern zahlreiche attraktive Schlupflöcher für Konzerne aufrecht erhalten werden, wird sich daran im Kern nichts ändern. Denn dass diese Unternehmen den Gestaltungsspielraum innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens zum eigenen Vorteil nutzen, mag aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive nachteilig sein – verwerflich per se ist es nicht. Wenn es wirklich um ein faireres Steuersystem gehen soll, kann Transparenz von Seiten der Unternehmen nur ein erster Schritt sein, dem viele weitere auf staatlicher und zwischenstaatlicher Ebene folgen müssen.

Foto: Mihai M. Mitrea