Leverist: Unternehmen gesucht

Für die internationale Entwicklungszusammenarbeit wird privatwirtschaftliches Engagement immer bedeutender. Um noch mehr Unternehmen für die Lösung globaler Herausforderungen zu gewinnen, zeigt die weltweit zugängliche Plattform leverist.de konkrete Geschäftsmöglichkeiten in Entwicklungs- und Schwellenländern auf.

Lokal sowie international tätige Unternehmen leisten bereits heute einen wesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung. Laut OECD erzeugen sie in den ärmeren Weltregionen bis zu 60 Prozent des BIP, 80 Prozent der Kapitalflüsse sowie 90 Prozent der Arbeitsplätze. Damit die Wirtschaft auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zur Bewältigung globaler Herausforderungen beitragen kann, müssen Anknüpfungspunkte aufgezeigt werden. Genau aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ die Matchmaking-Plattform leverist.de ins Leben gerufen. Seit 2019 zeigt die Plattform Geschäftsmöglichkeiten auf, die im Rahmen von Entwicklungsprojekten oder aus dem Bedarf in Entwicklungsländern entstehen. 

Leverist.de: Tor zu Entwicklungsprojekten

Mit Leverist dürfte die GIZ eine praktikable Möglichkeit gefunden haben, um die Wirtschaft aktiv für die Lösung globaler Probleme zu gewinnen und privatwirtschaftliches Engagement zu beschleunigen – ein Anliegen, das mittlerweile alle großen Entwicklungsakteure teilen und um dessentwillen immer mehr von ihnen ihre Praktiken und Methoden überarbeiten. Laut OECD ist das Wichtigste dabei, Vertrauen aufzubauen, Risiken zu mindern und sinnvolle Anreize zu schaffen. Die Austrian Development Agency kooperiert mit dem Privatsektor, der zu einem immer wichtigeren Partner wird, vor allem über Wirtschaftspartnerschaften. 

„Die Idee einer Business to Development Cooperation B2DC-Plattform entstand, weil einerseits die durch die GIZ umgesetzten Projekte zunehmend auf der Suche nach Partnern aus der Privatwirtschaft sind“, erklärt Cora Bay, Projektmanagerin von Leverist.

Interview mit Cora Bay, Leverist.de

Cora Bay, leverist.de, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

Gemeinsam mehr erreichen

Für Cora Bay von Leverist lässt sich nachhaltige Entwicklung nur in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft verwirklichen.

„Andererseits wurden wir von vielen Unternehmen darüber informiert, dass sie an einer Zusammenarbeit interessiert wären, jedoch nicht wissen, wo es Andockmöglichkeiten gibt.“ Mit mehr als 20.000 Angestellten weltweit implementiert die GIZ mehr als tausend Projekte in den unterschiedlichsten Sektoren und Ländern. Die B2DC-Plattform eröffnet Unternehmen nun einen transparenten Zugang dazu. 

Diverse Prototypen, Feedbackschleifen und Iterationen später befindet sich Leverist nach erfolgreicher Pilotierung nun in der Wachstumsphase. „Wir verankern die Plattform immer stärker in unseren Strukturen, um möglichst flächendeckend Geschäftsmöglichkeiten abzufragen“, so Bay. 

Leverist.de: Angebote für alle Branchen

Die Anzeigen auf Leverist bilden ein buntes Spektrum an Kooperations-möglichkeiten zwischen Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit. Von Consultingleistungen und Produktgesuchen über Events bis hin zu Ausschreibungen ist alles vertreten.

Die aktuell knapp 200 offerierten Geschäftsmöglichkeiten führen in mehr als 50 Ländern in die unterschiedlichsten Sektoren – von Landwirtschaft und Energie über Logistik und Informations- und Kommunikationstechnologie bis hin zu Tourismus und Textilwirtschaft. Auch Anbieter von Dienstleistungen wie Beratung, Ausbildung oder R&D werden auf der Plattform gesucht. Ein Drop-Down-Menü erlaubt das Filtern nach Land und Sektor.  

 

Geschäftschancen auf leverist.de für Unternehmen aller Branchen
Geschäftschancen auf leverist.de für Unternehmen aller Branchen

Im usbekischen Agrarsektor sind beispielsweise Unternehmenspartner zur Modernisierung der Pilzproduktion im Rahmen einer develoPPP-Partnerschaft gesucht. Da sich die lokale Nachfrage nach Pilzarten seit 2010 verzehnfacht hat, bietet sich hier für Unternehmen, die den Schritt in das Land wagen, ein potenziell sicherer Absatzmarkt. In Ecuador wiederum halten die Betreiber nachhaltiger Tourismusprojekte Ausschau nach europäischen Partnern für langfristige Geschäftsbeziehungen. 

Wie der Zähler auf der Homepage verrät, haben sich bis dato gut tausend Unternehmen auf leverist.de registriert. Dabei stammen zirka 60 Prozent der Interessenten aus der EU, knapp zwei Drittel davon sind KMU. Bay hofft, dass die Plattform bald bekannter wird. Bereits mehr als 400 Matches bestätigen die Wirksamkeit und das Potenzial. Bay resümiert: „Das heißt, Unternehmen haben über die Plattform spannende Geschäftsmöglichkeiten in Entwicklungs- und Schwellenländern entdeckt und die zuständigen GIZ Kolleginnen und Kollegen kontaktiert.“ 

Leverist.de: Erfolgreich gematcht

Eines der 400 erfolgreichen Matches ging zugunsten von Ecologicon aus, einem deutschen Beratungsdienstleister und Entwickler von Lösungen für dezentrales Abfallmanagement. Ihm gelang es, sich über eine Anzeige auf leverist.de den Weg nach Indien zu bahnen. Das Unternehmen nahm aufgrund der Annonce Kontakt auf, gewann eine Ausschreibung unter den interessierten Unternehmen und unterstützt mittlerweile ein Abfallwirtschaftsprojekt der GIZ in drei indischen Städten. 

Über die Vorteile, die Unternehmen im Kontext solcher Entwicklungsprojekte genießen, sagt Projektleiter Markus Luecke: „In Indien ist es für Unternehmen enorm hilfreich, wenn sie über einen direkten Zugang zu den lokalen Behörden verfügen. Bei Geschäftschancen im Umfeld unseres Vorhabens können wir diese Verbindung zum öffentlichen Sektor herstellen.“ Ein Start-up, das ebenfalls über Leverist „gematcht“ wurde, unterstützt parallel ein ähnliches Projekt in Jordanien. Die Anzeige auf leverist.de hatte Vanesa Rodriguez gepostet, um Kontakt mit Start-ups und Technologieanbietern aus der Abfall- und Recyclingbranche zu knüpfen. Rodriguez ist technische Beraterin bei der GIZ und setzt im Auftrag des deutschen Umweltministeriums ein Globalvorhaben um, das von Kreislaufwirtschaft bis umweltfreundliche Mobilität reicht. 

Beratungsnetzwerk als Add-on

Eine wichtige Quelle für Anzeigen über Geschäftschancen bei Leverist ist das jüngst gegründete Beratungsnetzwerk der Business Scouts for Development BSfD. So stammen beispielsweise Informationen zu diversen Geschäftschancen in Namibia – vom Upgrade eines E-Learning-Kurses über den Export von Kunsthandwerk bis hin zur Verbesserung der SARS-CoV-2-Diagnosekapazitäten – aus der Feder der langjährigen GIZ-Mitarbeiterin Christina Pfandl. Sie ist eine von insgesamt rund 80 Business Scouts, die in Deutschland selbst wie auch vor Ort in den Branchenverbänden, Kammern oder GIZ-Auslandsbüros von 40 Partnerländern tätig sind. 

Individuelle Beratung: Business Scouts informieren über Förder-, Finanzierungs- und Kooperationsangebote.

Hauptaufgabe der Business Scouts for Development ist es, europäische ebenso wie Unternehmen in den Partnerländern über Förder-, Finanzierungs- und Kooperationsangebote an der Schnittstelle zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaft zu informieren, potenzielle Geschäftspartner zu vermitteln und so Unternehmen beim Schritt in neue Märkte zu unterstützen. Das Beratungsangebot baut auf jahrelanger Erfahrung auf, denn die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vermittelt bereits seit 2011 Experten an Auslandshandelskammern AHK und Delegationen der deutschen Wirtschaft.

Das gesamte Beratungsnetzwerk ist über Leverist zugänglich. Unternehmen, die auch unabhängig von einer konkreten Geschäftsmöglichkeit Branchenexpertise einholen möchten, können die zuständigen Business Scouts direkt über die Plattform kontaktieren, auch ohne Mitglied der AHK oder eines Branchenverbandes zu sein. Gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen kann dies eine wertvolle Unterstützung darstellen. Wie eine Studie der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Jahr 2019 zu Subsahara- Afrika zeigte, zählen der mangelnde Zugang zu relevanten Marktinformationen sowie ein fehlendes lokales Netzwerk zu den wesentlichen Markteintrittsbarrieren für österreichische Unternehmen ohne eigene Vor-Ort-Struktur. 

„Mit unserem Know-how und unseren lokalen Strukturen können wir Unternehmen den Markteintritt erleichtern – insbesondere dann, wenn sie den Kontext selbst nicht kennen oder über kein Netzwerk vor Ort verfügen. Dadurch können wir gewisse Risiken abfangen und so insbesondere auch KMU zum Eintritt in Entwicklungs- und Schwellenlandmärkte ermutigen“, betont Pfandl. Darüber hinaus bieten die Business Scouts für fast alle auf leverist.de veröffentlichten Geschäftschancen entwicklungspolitische Beratung an. 

Leverist.de: Aufeinander zugehen

Hinter den Kulissen von Leverist tut sich gegenwärtig so einiges. Viele der Prozesse werden derzeit skaliert oder automatisiert. Daneben fokussiert das fünfköpfige Team seine Arbeit insbesondere darauf, den Mehrwert einer Kooperation mit der Entwicklungszusammenarbeit für Unternehmen greifbar zu machen, unternehmensrelevante Aspekte zu adressieren und die Geschäftschancen adäquat zu formulieren. „Wir müssen lernen, die Sprache der Unternehmen noch etwas besser zu sprechen und neben dem Entwicklungsaspekt auch auf die betriebswirtschaftliche Ebene zu achten. Da ist natürlich auch ein gewisser Perspektivenwechsel von unserer Seite nötig“, sagt Projektmanagerin Bay. Damit die Entwicklungsbedarfe in ansprechende Angebote für Unternehmen umgemünzt werden, erhält Leverist auch Unterstützung aus der Wirtschaft. 

Leverist befindet sich erst am Anfang, daran hat Projektmanagerin Bay keinen Zweifel. Doch sie ist überzeugt, dass die Plattform das Potenzial hat, schrittweise zu einem zentralen entwicklungspolitischen Türöffner für den Eintritt in neue Märkte zu werden, „damit in Zukunft noch mehr Entwicklungsherausforderungen in Partnerschaft mit der Privatwirtschaft gelöst werden können“.

Bilder: Goldene Botschaft GmbH, Screenshots von Leverist.de

 

 

Lesen Sie dazu den Kommentar „Weiter gedacht“ von Sophie Langer-Hansel!