Interview

Alpine Ambition

Ausgabe 86 – Frühjahr 2020

Laut Laurent Vanat, Experte für Wintertourismus, entwickelt sich Ski-Infrastruktur in neuen Märkten oft rascher als die notwendige Skikultur.

Laurent Vanat
Wenn es um die Wintersportnation der Zukunft geht, spricht alle Welt von China. Ist der Hype berechtigt?

Vanat: China ist tatsächlich auf einem guten Weg, zur Skination zu werden, weil die Regierung dieses Ziel stark pusht. Aufgrund der Olympischen Winterspiele 2022 herrscht viel Enthusiasmus und die skifahrende Bevölkerung wächst, vor allem in der Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen. Auch die Skiresorts entwickeln sich und sind durchaus modern, wenn auch aufgrund der geringeren Höhenunterschiede nicht mit den Alpen vergleichbar. Die große Herausforderung wird es sein, die chinesischen Anfänger zu motivieren, den Sport richtig zu erlernen und regelmäßig auszuüben. Noch wird Skifahren allzu oft als eine Art Entertainment betrachtet und nicht als Sport, der wiederholtes Üben erfordert. Dazu kommt, dass von Anfängern überfüllte Skigebiete nicht ideal sind für eine positive Lernerfahrung und dass auch die traditionelle Lehrmethode im Rahmen einwöchiger Kurse für chinesische Geschmäcker möglicherweise suboptimal ist. Für Chinas Beginner gibt es aber beispielsweise ein wachsendes Angebot an Skisimulatoren und Trockenpisten.

Werden Chinas Wintersportgebiete auch ausländische Touristen anlocken?

Vanat: Das glaube ich nicht. China wird vor allem ein Heimmarkt bleiben. Die Nachbarn Japan und Südkorea haben ihre eigenen Skigebiete und es ist unrealistisch, dass Menschen eine Fernreise machen, um in China skizufahren. Generell setzen sich nur wenige Men-schen für den Skiurlaub in einen Langstreckenflieger.

Welche anderen exotischen Skimärkte entstehen?

Vanat: In puncto Entwicklungspotenzial bleibt China die große Ausnahmeerscheinung. Andere Länder, die aktuell den Skisport entwickeln wollen und dazu State-of-the-art-Resorts bauen, sind etwa die Türkei und im kleineren Maßstab auch Aserbaidschan. Leider fehlt es ihnen an der Basis, nämlich an genügend einheimischen Skifahrern. Und ausländische Skifahrer kommen noch nicht in so großer Zahl, um die neuen Resorts profitabel zu machen. Diese Problematik kennen wir bereits aus Osteuropa. Wir haben erwartet, dass sich die Besucherzahlen in den modernisierten Skigebieten in Polen, Tschechien und der Slowakei stark entwickeln werden, tatsächlich wachsen sie langsam oder stagnieren sogar.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: beigestellt

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