Genauer Blick

Ausgabe 91 – Sommer 2021

Der Wirtschaftsdelegierte Clemens Machal empfiehlt österreichischen Unternehmen separate Strategien für die zentralasiatischen Staaten – und hält die chinesische Konkurrenz nicht für übermächtig.

Clemens Machal, Wirtschaftsdelegierter in Zentralasien
Clemens Machal, Wirtschaftsdelegierter in Almaty
Ist es sinnvoll, dass österreichische Unternehmen Zentralasien als zusammenhängende Region begreifen, oder braucht man für jedes Land eine eigene Strategie? 

Machal: Man muss die Länder schon separat sehen, vor allem was das Projektgeschäft anbelangt. Als Einstiegsländer bieten sich Kasachstan und Usbekistan an. Dort ist das wirtschaftliche Potenzial am größten und die Rahmenbedingungen sind ein bisschen einfacher als in den anderen drei Ländern. Ist man dann einmal vor Ort, kann man relativ schnell den Schritt in ein Nachbarland machen. Sehr hilfreich sind die internationalen Finanzinstitutionen.

Zentralasien spielt nicht zuletzt in der chinesischen Neue Seidenstraße-Initiative eine große Rolle. Welche Bedeutung geben Sie dem Einfluss Pekings?

Machal: Chinesische Firmen sind in der Region sehr präsent. Doch in die Umsetzung der Seidenstraßen-Projekte wird zurzeit mehr hineininterpretiert, als wirklich schon passiert ist. Grundsätzlich lohnt es sich auch hier, die Länder differenziert zu betrachten. Die Kleinen, also Tadschikistan und Kirgisistan, sind besonders stark mit den Chinesen verbunden – nicht zuletzt durch enorme Schulden. Usbekistan ist schon deutlich weniger abhängig von China. Und für Kasachstan ist China zwar ein wichtiger Wirtschaftspartner, aber dass hier alles nur noch chinesisch dominiert sei, wie man teilweise lesen kann, ist ganz sicher nicht so. Der wichtigste Handels- und Investmentpartner Kasachstans ist die Europäische Union. 

Und welche Rolle spielt Russland?

Machal: Russland ist natürlich nach wie vor wichtig, vor allem im politischen Bereich, wirtschaftlich sinkt die Bedeutung jedoch. Russisch ist zudem immer noch die Lingua Franca, allerdings haben sich in allen Ländern, vor allem in Kasachstan und Usbekistan und gefördert von den Regierungen, auch die nationalen Sprachen stark entwickelt. Klar ist: Mit Englisch kommt man bei Geschäftsreisen nicht durch. Man braucht jemanden, der Russisch spricht, oder eben die Landessprache. 

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Foto: WKÖ

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