Die Entwicklungszusammenarbeit entwickelt sich laufend weiter. Auch die Austrian Development Agency ADA , die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, versteht sich als lernende Organisation. So steht Gunter Schall, Leiter des Referats Wirtschaft und Entwicklung, neuen Perspektiven offen gegenüber: „Wir haben in den vergangenen fünfzehn Jahren in Kooperation mit Unternehmen und strategischen Partnern insbesondere bei Berufsbildung und Wertschöpfungsketten viel Expertise aufgebaut, Qualitätskriterien definiert und können heute mit wenig Risiko in die Skalierung gehen.“ 

Als Flaggschiffprojekte nennt er den Aufbau von Donau-Soja oder die Förderung der dualen Ausbildung in Serbien mit der WKO und kommt dann zum springenden Punkt: „Wir wollen aber weiterlernen und haben daher ein Fenster für innovative Projekte geöffnet, die für uns neu oder weniger klar sind, deren Theory of Change nicht der Routine entspricht. Diese sind für uns daher auch mit höherem Risiko verbunden, haben aber das Potenzial, die Privatsektorentwicklung in Entwicklungsländern auf ihre Weise anzustoßen.“ 

Neue Partner

Anhand eines Beispiels lässt sich die „Test Engine“, wie Schall das neue Förderfenster bezeichnet, am besten erklären. Der Antragsteller ist in diesem Fall die gemeinnützige Organisation Ashoka Österreich, gemeinsam mit Care Österreich und PricewaterhouseCoopers. Projektziel ist der Aufbau von Sozialunternehmen und sozialer Innovation in Ostafrika. „Sozialunternehmen sind nach unserem Verständnis Organisationen, die gegründet wurden, um ein soziales oder ökologisches Problem zu lösen“, definiert Georg Schön, Geschäftsführer von Ashoka Österreich, den Begriff. Das Geschäftsmodell kann dabei unterschiedlich sein: im Markt verankert, spendenabhängig oder hybrid, Gewinne werden reinvestiert. Ashoka begreift sich selbst als Sozialunternehmen für Sozialunternehmen.

Für Schall ist bei der Partnerwahl ein Kriterium entscheidend: „Wir haben mit unseren Wirtschaftspartnerschaften über viele Jahre Unternehmen unterstützt, die sich in Entwicklungsländern engagieren, fokussieren dabei aber nicht auf die Rechtsform des Antragstellers. Was zählt, ist der strategische unternehmerische Ansatz. Und dieses Kriterium erfüllt Ashoka.“ 

Strategisches Interesse

Ashoka zählt zu den impactstärksten NGOs weltweit. Das Netzwerk wurde vor vierzig Jahren in Indien gegründet und breitete sich schnell nach Lateinamerika und Afrika aus. Seit 20 Jahren ist Ashoka nun auch in den USA und Europa aktiv. Potente Förderer ermöglichten einen raschen Aufholprozess und eine beschleunigte Entwicklung, sagt Schön, die Hälfte der aktuell 40 – durchgehend selbstfinanzierten – Länderbüros befinden sich heute in Europa. Mit dem Visionary Programm, der Changemaker Map und dem Impact Transfer Hub gelang es dem Österreich-Büro, wirksame Tools zur Förderung von Sozialunternehmertum zu entwickeln. Lebhaftes Interesse aus dem Netzwerk ließ den Gedanken entstehen, die Tools zur Reife zu bringen und mit anderen zu teilen, möglicherweise über Lizenzmodelle. 

Da er selbst früher in der Entwicklungszusammenarbeit tätig war, stand bald die Idee im Raum, die Expertise auch in Entwicklungsländer zu tragen, erklärt der Ashoka-Geschäftsführer. Ein ugandischer Sozialunternehmer bot an, den Transfer zu unterstützen. Der Betreffende hatte dank eines Stipendiums mit zwei Landsleuten 2016 am Visionary Programm in Wien teilgenommen – und war von dessen Nutzen für Ostafrika überzeugt. Der Clou dieses Tools liegt dabei darin, dass sich Sozialunternehmer mit Vertretern aus Wirtschaft, Finanz, Medien und Zivilgesellschaft mehrere Monate lang regelmäßig austauschen, um schließlich die besten Ideen mit vereinten Kräften in die Umsetzung zu bringen. 

In einem längeren Prozess, der in einer umfangreichen Machbarkeitsstudie seinen Niederschlag fand, stimmte sich Ashoka Österreich mit dem in Nairobi angesiedelten Länderbüro Ostafrika ab. Es war klar, dass das lokale Büro die Implementierung der Tools selbst leiten würde. Parallel geführte Verhandlungen mit der Austrian Development Agency mündeten in die Zusage einer Kofinanzierung für eine Wirtschaftspartnerschaft. „Wir erwarten“, so Schall, „dass eine Stärkung von hoch motivierten und innovativen Sozialunternehmen in den Partnerländern dazu beiträgt, mit unternehmerischen Methoden soziale Probleme zu lösen.“

Das Risikomanagement der ADA erlaube, auch auf weniger bekannte Terrains vorzudringen, betont Schall und erklärt, dass in solchen Fällen der Antragssteller besonders intensiv auf dessen Eignung geprüft, eine Machbarkeitsstudie eingefordert und auch das Monitoring verschärft wird. Von der DEVI GmbH, die Ashoka Österreich als Vehikel und Intermediär zwischen den Partnern zu Projektbeginn ins Leben rief, erwartet er, dass sie „abhebt“ und über das Projekt hinaus besteht, auch wenn ihr Wirkbereich nicht ortsgebunden ist. 

Neue Logiken

Die Wirtschaftspartnerschaft mit Ashoka ging Mitte 2019 an den Start. Trotz Corona liegt das Projekt im Plan, sagt Schön. So werde in diesen Tagen die Changemaker Map für Kenia präsentiert, „ein Marktentwicklungsinstrument“, das die im Land tätigen Akteure zu Bildung, Klimaschutz, Familie, Gesundheit und weiteren Themen sichtbar mache. Parallel wurde eine, wie Schön sagt, „spannende Kohorte“ von knapp 30 Teilnehmern für den allerersten Zyklus des Visionary Programms in der Region gewonnen. 

Experten aus der ganzen Welt sind in die Treffen eingebunden, Care International unterstützt unter anderem die Skalierung der Projekte. Das Visionary Programm ist dabei selbstfinanziert, da es für Teilnehmer aus der Wirtschaft kostenpflichtig ist, sagt Schön. „Die ,willingness to pay‘ war für den ersten Durchgang und trotz Covid-19 zufriedenstellend. Das zeigt das Potenzial für die Entwicklung des sozialen Geschäftsmodells.“ Dass der Zyklus coronabedingt virtuell abgehalten wird, ist laut Schön nicht nur von Nachteil. Denn die notwendige minutiöse Planung lasse einen Leitfaden entstehen, der letztlich die Verankerung des Programms vor Ort sowie den Transfer in weitere Länder erleichtern wird. Noch relativ am Anfang befindet sich die geplante Errichtung eines Impact Transfer Hubs, einer Art „Ansiedlungsagentur“, die Sozialunternehmern mittels eines strukturierten Prozesses helfen soll, ihre Lösungen auch grenzüberschreitend zu skalieren und zu verbreiten.

Eines ist jedenfalls bereits klar: Mit seinen neuen Interventionslogiken bietet das Projekt der ADA jede Menge Stoff, der weiterentwickelt werden kann. Schall freut es. 


DER INITIATOR

Für eine aktive Bürgergesellschaft

Das Team von Ashoka Österreich, GF Georg Schön rechts vorne.
Das Team von Ashoka Österreich, GF Georg Schön rechts vorne.

Ashoka International wurde 1981 von Bill Drayton gegründet, um das Sozialunternehmertum weltweit zu fördern. Ashoka ÖSTERREICH wurde 2011 etabliert und unterstützt „die Bewegung“ von Wien aus auch in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn, Polen und Rumänien. Das zehnköpfige Team wird von Georg Schön und Raphaela Toncic-Sorinj geführt. Für die ADA-Wirtschaftspartnerschaft gründete Ashoka Österreich mit langjährigen Partnern die DEVI GMBH, die sich als Inkubator für systemverändernde Sozialunternehmen in Entwicklungsländern bewähren soll.

Fotos: Ashoka Österreich, PEDN

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