Sauber aufgereiht stehen die Statisten einer jeden Gästetour vor der Komptech-Zentrale im steirischen Frohnleiten: Gewerbemüll, Bioabfall, Buntglas, Weißglas, Metall, zweimal Papier und Leichtverpackungen. Acht verschiedene Tonnen für sieben verschiedene Abfälle und häufig ein Grund zum Staunen – und zum Stirnrunzeln. „Der Blick auf diese Tonnen löst bei vielen internationalen Kunden einen richtigen Aha-Effekt aus. Sie fragen uns, ob es in Österreich wirklich möglich ist, so viele verschiedene Müllarten zu sammeln“, schmunzelt Heinz Leitner, dessen Büro nur einen Papierfliegerwurf von den Tonnen entfernt ist. Leitner ist Geschäftsführer des Maschinenbau-Unternehmens Komptech, das sich auf moderne Abfallbehandlung – die Zerkleinerung, Separation und Aufbereitung von Müll – spezialisiert hat.

Lenken Komptechs Geschicke: CEO Heinz Leitner (r.) und CTO Christian Oberwinkler
Lenken Komptechs Geschicke: CEO Heinz Leitner (r.) und CTO Christian Oberwinkler

Die Ursprünge des steirischen Unternehmens gehen dabei auf das Jahr 1992 zurück, in dem in Österreich die getrennte Müllsammlung eingeführt wurde und erstmals eigener Biomüll anfiel. Aus der Frage, wie man diesen aufbereiten kann, entwickelte der Umwelttechniker Josef Heissenberger eine erste Kompostwendemaschine und damit die Grundlage für das heutige Unternehmen Komptech (Akronym für Kompost-Technologie). Nach dem Einstieg in die Zerkleinerungs- und Trommelsiebtechnik verfügte das junge Unternehmen kurz darauf über eine erste Produktlinie. „Die Kompostierung ist bis heute eine unserer Kernkompetenzen. Aus Bioabfällen erzeugen wir einen hochwertigen Rohstoff“, erklärt Leitner. Über die Jahre sind viele weitere Formen von Abfall hinzugekommen, mittlerweile verwertet Komptech jegliche festen Abfälle – von Hausmüll über Industrieabfälle, Kunststoff und Autoreifen bis hin zu Schwemmholz.

Der zentrale Firmenstandort wurde 1997 im steirischen Frohnleiten errichtet. Neben Büros und Produktionshalle sind dort heute auch das Komptech Research Center sowie eine Ausbildungsakademie für Kunden installiert. Seit der Gründung des Unternehmens ging es kontinuierlich aufwärts. Das vergangene Jahr war für das Unternehmen das erfolgreichste der Firmengeschichte. 140 Mio. Euro Umsatz standen zu Buche, ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der enorme Zuwachs erklärt sich auch daraus, dass sich das Geschäft über den Kernmarkt der Industriestaaten hinaus verstärkt auf Schwellen- und Entwicklungsländer ausgeweitet hat.

Ghanaisches Großprojekt

Go for Ghana: Geschäftsabschluss in Fronleiten
Go for Ghana: Geschäftsabschluss in Fronleiten

Die Afrika-Premiere wurde gleich zum größten Deal der Firmengeschichte. Zum Erstkontakt kam es auf einer Branchenmesse in München. Damals schilderten die Vertreter der ghanaischen Jospong-Gruppe die enorme Müllproblematik in ihrer Heimat, die vor allem durch die riesige Elektroschrottdeponie in Agbogbloshie mittlerweile weltweit bekannt ist (siehe corporAID Ausgabe 75). Und es dauerte nicht lange, bis die afrikanischen Geschäftsleute eine Investition von mehr als zehn Mio. Euro ins Spiel brachten. „Viele Firmen haben das nicht ernst genommen, denn wenn solche Summen genannt werden, fehlt es oft an Seriosität. In diesem Fall war es anders: Wir haben gesehen, dass die Ghanaer wussten, wovon sie sprachen, ihnen jedoch noch das nötige Gefühl fehlte, wie das konkret funktionieren könnte“, sagt Leitner. Einem Besuch der Ghanaer in Frohnleiten folgten Gegenbesuche der Komptech-Experten. „Unsere Mitarbeiter haben sich dort den Müll angeschaut, der sich in Afrika ganz anders zusammensetzt als in Europa, und daraufhin ein spezielles Konzept für mobile Aufbereitungsmaschinen entwickelt, Mitarbeitern“, sagt Leitner und fährt fort: „Für die meisten, die sich bei uns bewerben, ist es die größte Motivation, dass sie etwas Nachhaltiges entwickeln. Es macht Spaß zu sehen, dass man als leidenschaftlicher Techniker etwas Gutes tut.“

Go for Ghana: Eröffnung der Anlage am 5. April
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Komptechs Mitarbeiter sind dabei auch als Dienstleister gefragt, denn das Unternehmen liefert stets ein Rundumpaket. „Maschinenbau allein reicht nicht“, sagt Leitner und greift im selben Moment per Smartphone-App auf eine Komptech-Maschine zu, die in Australien steht und meldet, dass der Fettbehälter der Zentralspülung leer sei. „Gäbe es ein Problem, mit dem der australische Kunde nicht zurecht kommt, kann er seinen Servicetechniker direkt aus dieser App heraus anrufen. Wenn auch der das nicht schafft, kommt der Fall zu uns und wir helfen mit Remote Support von Frohnleiten aus“, sagt Leitner. Und im schlimmsten Fall schickt Komptech seine Techniker um die halbe Welt, damit sie die Probleme vor Ort beheben. All das rechtfertigt laut Leitner auch den hohen Preis für die Komptech-Maschinen, denn die Kunden sehen nicht nur den Anschaffungspreis, sondern die langfristigen Kosten inklusive Kundenservice.

Go for Ghana: Die Komptech-Maschinen an ihrem neuen Arbeitsplatz

An diesem wird ständig geschraubt, off- und online. Denn auch die Abfallaufbereitung wird immer digitaler, Komptech investiert viel Geld in Forschung und Entwicklung. Unter dem Schlagwort „Terminator goes smart“ sollen intelligent vernetzte Maschinen entwickelt werden. „Die Maschinen der Zukunft werden nach wie vor zerkleinern. Ansonsten haben sie aber rundherum sehr viel Technologie eingebaut. Jede Viertelstunde bekommen wir die Daten von den Maschinen gemeldet. Gerade in Märkten wie Ghana ist es sehr wichtig, dass wir immer auf die Daten zugreifen und sofort reagieren können, wenn ein Problem auftritt“, sagt CTO Oberwinkler.

Komptech-Kreislauf

Neben dem verstärkten Digitalisierungsfokus braucht nachhaltige Abfallaufbereitung der Zukunft ein umfassendes Kreislaufdenken. Leitner fordert, dass zukünftig bereits beim Produktdesign das Recycling mitgedacht werden müsse: „Die Politik ist sehr stolz darauf, dass sie das Plastiksackerl verbannt hat. Doch dieses kann ich relativ leicht aufbereiten. Wesentlich größere Schwierigkeiten bereitet aber zum Beispiel die Folie der Fleischverpackung. Die besteht nämlich aus unterschiedlichen sehr dünnen Kunststoffen, die man nicht trennen kann. Das sind Problemstoffe, über die Recyclingexperten bereits beim Produktdesign aufklären sollten.“

Das Kreislaufdenken gilt auch für die Maschinen, die den Müll aufbereiten. Zukünftig will Komptech verstärkt Gebrauchtmaschinen sowie Maschinen zur Miete und als Pay-per-use-System (in diesem Fall: Euro pro Tonne) anbieten. Das Unternehmen hat unter anderem eine 3.000 Quadratmeter große Fertigungshalle in Frohnleiten hinzugekauft, um dort Gebrauchtmaschinen für den Wiederverkauf aufzurüsten.

Die größten Herausforderungen für ein Exportunternehmen wie Komptech sind neben der Abschwächung der Konjunktur in diesen Tagen vor allem politischer Natur. Das zuvor aufblühende Iran-Geschäft hat Komptech wegen der US-Sanktionen eingestellt, die Irritationen durch den Brexit und die konfrontative US-Handelspolitik machen sich direkt bemerkbar. „Für uns spielt die Gesetzgebung eine mehrfache Rolle. Auf der Grundlage der Umweltgesetze im deutschsprachigen Raum ist Komptech überhaupt erst entstanden und deswegen sind Unternehmen aus Österreich und Deutschland in dieser Branche auch weltweit Vorreiter“, sagt Leitner. Komptech befindet sich derzeit hinter einem deutschen Unternehmen auf Platz zwei im Weltranking, wobei nicht viel fehlt, um auf den Spitzenplatz vorzurücken. Mit dem firmeneigenen, familiären „Komptech-Spirit“ sollte das laut Leitner in naher Zukunft durchaus möglich sein.

Von einem Spirit des Zusammenhalts lässt sich übrigens bei den Mülltonnen vor der Eingangstür nicht viel bemerken. Sie sind Zeugen einer erfolgreichen Trennung – und werden den Komptech-Kunden weiterhin als Anschauungsmaterial zur Verfügung stehen.


DAS UNTERNEHMEN

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„Gegen ständige Innovation gibt es kein Gegenmittel“, lautete das Motto von Josef Heissenberger, der Komptech im Jahr 1992 in Graz gründete. Er verunglückte 2014. Heute ist das steirische Unternehmen mit Hauptstandort in Frohnleiten ein Global Player im Bereich der Abfallbehandlung. Etwa 30 unterschied- liche Komptech-Maschinentypen sind in 70 Ländern vor allem in der Müllseparation, Altholzaufbereitung und Kompostierung im Einsatz. 755 Mitarbeiter sind für Komptech tätig, davon rund 200 in Österreich, weitere große Standorte befinden sich in Slowenien und Deutschland. Der Umsatz betrug im Jahr 2018 140 Mio. Euro. Seit 2015 ist das Industrieunternehmen Hirtenberger Mehrheitseigentümer.

Fotos: 3XKomptech