Weshalb gibt es die neue Außenwirtschaftsstrategie?

Schramböck: Für eine kleine offene Volkswirtschaft wie Österreich ist die internationale Verflechtung von immenser Bedeutung, der Erfolg unserer Unternehmen im Ausland schafft Wachstum, Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand in Österreich. Wir wollen vorhandene Kompetenzen bündeln und Österreich weltweit als innovativen und digitalen Player positionieren. Die neue Außenwirtschaftsstrategie ist eine wichtige Basis, damit alle relevanten Player an einem Strang ziehen.

„Die neue Außenwirtschaftsstrategie ist eine Basis, damit alle relevanten Player an einem Strang ziehen.“ M. Schramböck

Auf welchen Zeitraum ist die neue Strategie ausgelegt?

Schramböck: Wir bauen auf dem Außenwirtschaftsleitbild aus dem Jahr 2008 auf. Der Erhalt und die weitere Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft in einem sich immer schneller ändernden globalen Umfeld machten jedoch eine Neuausrichtung unter Berücksichtigung künftiger Trends erforderlich. Im Ergebnis liegt nun eine umfassende, systematische und zukunftsorientierte Strategie vor, welche die Weichen für die Außenwirtschaftspolitik der kommenden Jahre stellt.

Wo liegen die Schwerpunkte?

Schramböck: Wir haben ein umfassendes Strategiepapier mit sieben Handlungsfeldern und 63 miteinander verzahnten Maßnahmen erstellt. Letztere sollen die österreichische Exportwirtschaft durch eine koordinierte Präsenz in Wachstumsregionen sowie gezielte Hilfestellungen für Firmen, die im Ausland tätig werden wollen, weiter stärken. Die Schwerpunkte liegen bei Innovation und Digitalisierung. So nutzen österreichische KMU noch nicht das volle Potenzial, das die Digitalisierung bietet. Weiters arbeiten wir derzeit an der Weiterführung des Förderprogramms „go-international“, damit österreichische Unternehmen auch in neuen aufstrebenden Märkten reüssieren.

An welche Märkte denken Sie?

Schramböck: Generell ist Österreichs Exportwirtschaft sehr europalastig: Rund 80 Prozent der Ausfuhren gehen in diesen Heimmarkt. Mehr als 40 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums findet jedoch in Asien, insbesondere in China, statt, und auch Afrika und Südamerika haben großes Potenzial. Diese globalen Wachstumsmärkte wollen wir erschließen, um österreichische Stärken auch außerhalb der klassischen Exportmärkte umzusetzen. Neben den strategischen Zielregionen setzen wir branchenoptimiert Akzente: Im Rahmen von „go-international“ werden für vielversprechende Länder-Branchen-Schwerpunkte wie beispielsweise China und E-Mobility gezielte Unterstützungsprogramme entwickelt.

Wie kann die Förderlandschaft weiterentwickelt werden? Wo gibt es neue Akzente, wo wird gespart?

Schramböck: Die österreichische Außenwirtschaft verfügt über ein gut entwickeltes Fördersystem mit einem breit gefächerten Angebot. Es reicht von Marktinformationen für Neueinsteiger bis zu Exportunterstützung und Absicherung von Direktinvestitionen. Die Betonung liegt nun darauf, die Unternehmen über Möglichkeiten und Chancen außenwirtschaftlicher Förderinstrumente bestmöglich zu informieren und eine übersichtliche und unbürokratische Abwicklung sicherzustellen. Dazu sollen auch Kommerzbanken verstärkt in die Kommunikation eingebunden werden.

Was können sich Unternehmen darüber hinaus von der Politik erwarten?

Schramböck: Ich sehe eine Aufgabe der Politik auch darin, als Türöffner zu fungieren. In einem dynamischen und globalen Umfeld ist die strategische Unterstützung unserer Wirtschaft entscheidend für den langfristigen Erfolg. Eine vorausschauende und breit abgestimmte Besuchsdiplomatie fördert das Image Österreichs und kann unternehmerische Aktivitäten gezielt unterstützen. Gemeinsame Delegationsreisen mit Spitzenvertretern ermöglichen es unseren Unternehmen, ihre Anliegen auf höchster Ebene zu deponieren, was vor allem bei strategischen Großprojekten wichtig ist.

Um KMU in internationale Wertschöpfungsketten zu integrieren, setzt die Außenwirtschaftsstrategie auf Kooperation. Wie soll das besser funktionieren?

Schramböck: KMU sind oft zögerlich, im Ausland tätig zu werden. Das liegt an der Unklarheit über rechtliche Rahmenbedingungen sowie am bürokratischen Aufwand für eine Beteiligung an internationalen Großprojekten. Hier sollen die branchenspezifischen Unterstützungsangebote von „go-international“ greifen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Bildung von Konsortien aus Leitbetrieben und KMU für die Beteiligung an Großprojekten. Zusätzlich wird eine digitale Vernetzungsplattform mit Sektoren, Ländern und Regionen aufgebaut, die neben den österreichischen Unternehmen alle außenwirtschaftsrelevanten Institutionen einbezieht. Ebenso wird eine „Business Intelligence Plattform“ zur möglichst frühen Identifizierung von strategischen Projekten geschaffen.

Die neue Strategie legt eine deutlich stärkere Betonung auf wertebewusste Außenwirtschaftspolitik als die Vorgängerin. Weshalb?

Schramböck: Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gehören in Österreich zum gesellschaftlichen Grundkonsens. Dieser wird von österreichischen Unternehmen gelebt und kommt ihnen in vielfältiger Weise zugute. Sie können sich damit positiv im internationalen Wettbewerb positionieren, Vertrauen schaffen und ihren Ruf als verlässliche Partner stärken.

Welche Bedeutung haben die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung?

Schramböck: Für österreichische Unternehmen sind die Sustainable Development Goals ein Indikator für Zukunftsmärkte. Gleichzeitig dienen sie als Impulsgeber für die Transformation der österreichischen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. Die Herausforderung der Zukunft ist der Brückenschlag zwischen Innovation, Nachhaltigkeit und Internationalisierung in Schwellen- und Entwicklungsländer. Wir sehen daher in der Außenwirtschaftsstrategie vor, die Innovationspotenziale nachhaltiger Entwicklung besser zu nutzen, Forschungskooperationen österreichischer Unternehmen mit außereuropäischen Partnern anzustreben und Start-ups einzubinden. Wir adressieren nachhaltige Zukunftsmärkte zudem im Rahmen unserer Leuchtturminitiative SDG Business Forum.

„Wir sehen vor, die Innovationspotenziale nachhaltiger Entwicklung besser zu nutzen.“ M. Schramböck

Es gibt nur ein Dutzend österreichischer Unternehmen, die erfolgreich mit internationalen Entwicklungsfinanzierern kooperieren. Erklärtes Ziel ist, eine höhere Beteiligung zu erreichen. Welche Hebel sind denkbar?

Schramböck: Gerade für KMU sind der doch hohe bürokratische Aufwand und das finanzielle Risiko einer erfolglosen Bewerbung oft Anlass, von der Beteiligung an solchen Ausschreibungen abzusehen. Dem wollen wir entgegentreten, denn die Heranführung an Projekte internationaler Finanzierungsinstitutionen bietet enormes Potential. Die bestmögliche Unterstützung bringt ein kohärenter Ansatz, der Aktivitäten im In- und Ausland verbindet. Hier geht es um Community Building, Partnerbörsen zur Konsortialbildung oder die Vermittlung von Finanzierungskompetenz und Procurement-Know-How und ebenso um die Vernetzung mit Schlüsselakteuren bei den Institutionen oder der Zugang zu lokalen Partnerfirmen.

Bei der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vermisst man Töpfe, über welche Unternehmen Referenzprojekte entwickeln können. Ist Abhilfe in Sicht?

Schramböck: Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit hat im Hinblick auf die Kooperation mit Unternehmen im internationalen Vergleich sicher Potenzial. Denn heimische Unternehmen verfügen über Produkte und Dienstleistungen, die gerade für Märkte in Schwellen- und Entwicklungsländern besonders geeignet sind und dort einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten können. Wir wollen daher künftig das Zusammenspiel von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaft forcieren. In diesem Sinne sieht die neue Außenwirtschaftsstrategie auch vor, die Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Entwicklung zu stärken, Wirtschaftspartnerschaften zu fördern und gemeinsam thematische und regionale Schwerpunkte zu setzen. Wir werden dies strategisch zusammen mit den österreichischen Unternehmen und dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres sowie den anderen relevanten Institutionen angehen.

Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Christian Lendl

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