Interview

Bedarf wächst

Ausgabe 87 – Sommer 2020

Anthea Houston, Expertin für sozialen Wohnbau in Südafrika, wird durch die Coronakrise noch mehr Arbeit bekommen.

Welche Auswirkungen hat die Coronakrise auf Ihre bisherige Arbeit gehabt? 

Houston: Südafrika befindet sich seit dem 27. März im Lockdown. Auch unsere Mitarbeiter wurden direkt ins Homeoffice geschickt. Uns war aber wichtig, dass wir für unsere Mieter rund um die Uhr erreichbar bleiben und wichtige Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden.Natürlich haben wir für alle unsere vor Ort tätigen Mitarbeiter, Dienstleister und auch Mieter strenge Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Zudem haben wir die Corona-Informationskampagne der Regierung unterstützt, indem wir unsere Mieter kontinuierlich über ihre Handys informiert haben.

Viele Ihrer Mieter sind alleinstehende ältere Menschen. Wie unterstützen Sie diese in dieser schwierigen Zeit? 

Houston: Die Kommunikation läuft gerade zwangsläufig auf Distanz, nämlich vor allem über mobile Kanäle. Aber sobald es möglich ist, werden wir wieder mehr Angebote zum sozialen Austausch machen. Wir kooperieren dabei auch mit anderen Organisationen, die mit Menschen in prekären Situationen arbeiten. Darüber hinaus arbeiten wir aktuell mit dem Gesundheitsministerium bei der Einführung eines Grippeimpfstoffprogramms zusammen, um unsere älteren Mieter im Winter zu schützen.

Wie wird sich Ihre Arbeit und ganz grundsätzlich das Thema soziales Wohnen durch die Coronakrise verändern?

Houston: Wir entwickeln aktuell einige innovative Modelle, um die Kommunikation mit den Mietern an die neue Situation anzupassen – zukünftig soll alles digital möglich sein. Ansonsten haben wir Ende vergangenen Jahres mit der Errichtung von hunderten neuen Sozialwohnungen begonnen. Diese Bauarbeiten sind aufgrund der Lockdown-Maßnahmen derzeit unterbrochen, werden jedoch bald wieder aufgenommen. Grundsätzlich haben viele Südafrikaner in den vergangenen Monaten große finanzielle Verluste erlitten, der Bedarf an erschwinglichem Wohnraum wird also weiter wachsen. Viele Menschen werden sich ihre Miete einfach nicht mehr leisten können. Wir hoffen, dass Communicare eine kleine Rolle bei der Suche nach Lösungen für die Krise spielen kann.

Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Communicare

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