Es darf nicht verpönt sein, als Social Entrepreneur Erträge zu erwirtschaften. Diese Überzeugung teilten das Management der betrieblichen Vorsorgekasse Fair Finance und des Senats der Wirtschaft, als sie vor eineinhalb Jahren erste Überlegungen zur Frage der Finanzierung heimischer Social Business-Akteure anstellten. Der Mitte Juni anstehende Launch des Social Entrepreneurship Fonds SEF ist nun die Antwort darauf. „Es kommen bereits viele konkrete Anfragen. Und das Learning setzt schon ein, da im Bereich des Social Impact Investing Informationen transparenter fließen als im reinen Profit-Geschäft, es gibt deutlich mehr Symbiose in der Social Entrepreneurship Szene“, sagt Vuk Markovic vom Senat der Wirtschaft, der den Social Impact Fonds betreut.

Freude über den neuen Fonds: Die Chefs von Fair Finance und des Senats der Wirtschaft
Freude über den neuen Fonds: Die Chefs von Fair Finance und des Senats der Wirtschaft

Der SEF soll Wachstumsfinanzierungen für österreichische und deutsche Sozialunternehmen, die zugleich wirtschaftlichen Erfolg und messbaren Social Impact anstreben, liefern. Er ist auf acht Jahre ausgelegt. Die Basisfinanzierung von bis zu fünf Mio. Euro wird durch Fair Finance zur Verfügung gestellt, der Fonds ist aber offen für Co-Investoren, das angestrebte Volumen liegt bei 20 Mio. Euro. Projekte können voraussichtlich ab Juni unter www.se-fonds.at eingereicht werden. Weil die Konzession noch aussteht, wird über Einreichungen aber noch nicht im Detail gesprochen. Markovic ist jedoch zuversichtlich, dass er beim Social Entrepreneurship Forum am 23. September in Wien bereits die ersten Projekte vorstellen kann, die sowohl die Prüfung durch einen ehrenamtlichen Experten-Beirat als auch die Due Diligence-Prüfung erfolgreich durchlaufen haben.

Impact Investment im Vormarsch

Vuk Markovic, Senat der Wirtschaft
Vuk Markovic, Senat der Wirtschaft

Wie genau die Tauglichkeit der Social Impact-Unternehmen bewertet werden soll, ist laut Markovic nicht klar definiert und fallabhängig – und genau dies ist das Problem des gesamten Impact Investing-Sektors. Dieser baut auf der Idee auf, dass Investitionen und Kapitalmärkte auch dazu dienen können, gesellschaftliche Probleme zu adressieren, ohne der Generierung von Erträgen abschwören zu müssen.

Und diesem Sektor wird aktuell ein großer Boom nachgesagt. Der britische Investor Tim Gocher sieht Impact Investing bereits auf bestem Wege zum Investoren-Mainstream, Amit Bouri, Geschäftsführer des Global Impact Investment Networks GIIN, meint belegen zu können, dass im Impact Investing Renditen auf der Höhe des Marktniveaus erzielt würden, und eine kürzlich veröffentlichte McKinsey-Studie trägt den Titel „Wenn aus klein systemisch wird. Das Milliardenpotenzial sozialer Innovationen“.

Reinhard Millner, WU Wien
Reinhard Millner, WU Wien

Auch Reinhard Millner, Impact-Investing-Experte an der Wirtschaftsuniversität Wien und Gründer des Social Entrepreneurship Centers bestätigt den Boom, zumindest was die Beschäftigung mit der Thematik angeht. Er bezweifelt aber, dass der Markt für soziale Investitionen auch nur annähernd an die aktuell zirkulierenden Wachstumserwartungen herankommt. Millner zufolge konkurrieren aktuell zwei Zugänge zum Impact Investing. Einerseits ein eher amerikanisch geprägter und vom GIIN getriebener, der von einer sehr breiten Definition ausgeht, keinen Unterschied zwischen Non- oder For-Profit macht und das globale Investitionsvolumen für Social Impact Investing mit 228 Mrd. Dollar beziffert. Der andere, engere Zugang stammt eher aus dem deutschen Sprachraum, wo Impact Investing ausschließlich als renditeorientierte Investitionen in Sozialunternehmen verstanden wird. „Es gibt eine Studie, die das Volumen für Deutschland auf 65 Mio. Euro beziffert. Das passt mit den vom GIIN angegebenen 228 Mrd. Dollar nicht zusammen und zeigt die Schwierigkeit, hier klare Aussagen zu treffen“, sagt Millner.

Erfolg messbar machen

Laut Millner muss Social Impact Investment „intentional und messbar gesellschaftliche Herausforderungen und zeitgleich eine finanzielle Rendite anstreben.“ Mit einem bloßen Verzicht auf Beteiligungen an klima- schädlichen oder ausbeuterischen Unternehmen ist es also nicht getan, der zu generierende Social Impact muss ein Kernelement der Investitionsentscheidung sein. Die Festlegung der Kennzahlen ist aber in der Praxis schwierig.

„Investoren wollen natürlich immer Kennzahlen haben, aber beim Social Impact Investing kann man noch nicht sagen: Dieses ist die Kennzahl, und danach legen wir den Fonds aus. Deshalb ist auch bei unserem Fonds der individuelle Zugang sehr wichtig. Dies kostet anfänglich mehr Zeit, ist jedoch für die Einschätzung der Social Entrepreneure wichtig“, sagt Markovic. Der soziale Impact kann dabei von Umweltschutz bis hin zu Integration reichen, die finanzielle Rendite sollte aber schwarz auf weiß erkennbar sein. Die Frage stellt sich, ob man zum Beispiel „klassische“ selbstständige Ärzte, Krankenpfleger oder Apotheker nicht eigentlich auch als Sozialunternehmer begreifen könnte.

Auch Millner bleibt vage, wenn es um das Thema Social Impact Fonds geht: „Social Impact Fonds lassen sich noch nicht klar definieren. Schließlich wissen wir ja aktuell nicht einmal wirklich, was Social Impact Investing überhaupt ist, auch wenn viel darüber geredet wird. Wenn man dann aber ein bisschen nachbohrt, ist noch nicht viel da.“ Und es gibt auch kritische Stimmen. Jörg Weber, Gründer der Website für nachhaltige Geldanlagen www.ecoreporter.de warnte im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor einem „Feigenblattspiel“ im Bereich des Impact Investing. Denn weniger als die Hälfte der von ihm geprüften Geldanlagen erfüllten sowohl die sozialen als auch die finanziellen Versprechungen.

Bei der Suche nach einem Orientierungsrahmen für Social Impact-Investitionen bringen die Universität St. Gallen und das FERI Cognitive Finance Institute in einer Studie die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen ins Gespräch. „Die SDG sind natürlich sehr breit gefasst, von Bildung über Leben unter Wasser bis hin zu Armut und Geschlechtergleichheit. Aber grundsätzlich kann ich mir durchaus vorstellen, dass sie ein Leuchtturm-Kategoriensystem sein könnten“, sagt Millner. Er hat für Juni eine Studie zu Impact Investing in Österreich angekündigt.

Österreichischer Impact

Millner zufolge muss man sich dem Thema aktuell aber noch über Einzelbeispiele nähern. Und von diesen las- sen sich in Österreich neben dem SEF bereits einige nennen. Diverse heimische Banken verstärken ihre Bemühungen im Bereich Social Impact Investing. Die Bank Austria etwa arbeitet unter dem Schlagwort Social Impact Banking an Mikrofinanzierungen für Kleinstunternehmen, die Erste Bank bietet Kredite für Sozialunternehmen in Südosteuropa an. Und die Bank Gutmann arbeitet derzeit gemeinsam mit der Oesterreichischen Entwicklungsbank OeEB an einem eigenen Private Equity Impact Fonds mit Entwicklungsland-Fokus. „Der Impact Investor will aktiv etwas Gutes bewirken und nicht nur Schlechtes vermeiden. Diese Ziele bleiben allerdings zahn- und wirkungslos, wenn die opera- tive Einflussnahme auf das Investment fehlt“, sagt Nikolaus Görg, Finanzanalyst der Bank Gutmann, und begründet damit den eigenen Weg: „Das ist die große Stärke von Private Equity, deren Wesensmerkmal genau diese operative Einflussnahme ist.“

Weitere Fonds sollen folgen

Die heimische Sozialunternehmer-Szene hofft darauf, zukünftig verstärkt von speziellen Social Impact Fonds profitieren zu können. Die Multistakeholder-Gruppe GEMSE (Gemeinsam Mehr Social Entrepreneurship), der neben Sozialunternehmern die Industriellenvereinigung und der Rat für Forschung und Technologieentwicklung angehören, hat bereits im vergangenen Jahr im Rahmen ihrer zehn Kernpositionen zum Thema „Sozialunternehmertum in Österreich“ auf den großen Bedarf hingewiesen. Der Aufbau von Social Impact Fonds durch private Anleger, inländische und internati- onale Investoren wird darin explizit gefordert. Doch bräuchte es dafür nicht erst einmal messbare Erfolgs- kriterien? Ökonom Reinhard Millner stimmt dem zwar zu, ergänzt aber: „Für uns Wissenschafter wäre das natürlich wichtig. Aber in der Praxis wird es eine Zeit lang auch ohne gehen, zumindest so lange die Anzahl der Fonds überschaubar ist.“

Kennzahlen zu erarbeiten, damit zukünftige Social Impact Fonds darauf zurückgreifen können, ist auch eines der Ziele des neuen Social Entrepreneurship Fonds – so wird man Vorwürfen des Feigenblattspiels frühzeitig den Wind aus den Segeln nehmen können.

Fotos: Nikodemus Karlsson/Flickr, Claudio Farkasch/Belichten.com, Senat der Wirtschaft, WU Wien